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Giuseppe Verdi - Aida
Oper in vier Akten
Vorgeschichte:
Wir befinden uns in Ägypten – in der Hauptstadt Memphis, südlich des heutigen Kairo – irgendwann zur Großen Zeit der Pharaonen.
Äthiopien und Ägypten befinden sich im Krieg. Da ist es nicht unüblich, Gefangene als Sklaven auzubeuten. Aida, die Titelfigur der Oper, ist so in ägyptische Sklaverei geraten, in Wirklichkeit ist sie aber eine äthiopische Prinzessin, Tochter des äthiopischen Königs.
Ihr großes Dilemma: In der Sklaverei hat sie sich in einen ägyptischen Soldaten verliebt, Radames. Ihr Herz schlägt gleichzeitig für das Vaterland als auch für den Gegner.
Hier offenbart sich schon der arg kitschige Grundmoment der Handlung: Aida als Sklavin am ägyptischen Hof hat ein derart ruhiges, angenehmes Leben, dass sie nebenher noch Zeit hat, sich zu verlieben. Äußerst unwahrscheinlich und eine der Hürden moderner Inszenierungen. Denn Sklavinnen dürften ihrerzeit äußerst grob und wenig beschaulich behandelt worden sein. Etwaige amouröse Abenteuer erscheinen eher unwahrscheinlich. Wenn dann wäre sie als Feindin erniedrigt und missbraucht worden. Aber über diese Kleinigkeit muss man der großen psychischen Dramatik wegen eben hinwegsehen. Wir gehen also einfach davon aus, dass Aida als Sklavin in der Gefolgschaft der ägyptischen Prinzessin Amneris einen eher beschaulichen Alltag hatte. Punkt.
Erster Akt
1. Bild – Königspalast in Memphis
Äthiopien hat wieder einmal Ägypten angegriffen. Radames, Hauptmann der ägyptischen Wache, erhofft die größte Ehre: Als Feldherr das ägyptische Heer gegen den Feind ins Feld zu führen. Dann wäre er zweifelsohne siegreich und somit ein gefeierter Held, dem dann ein Wunsch frei stünde. Er weiß auch schon, was er verlangen würde: die Hand der Sklavin Aida, die als Kriegsgefangene der ägyptischen Prinzessin Amneris dient. Aidas wahre Herkunft – sie ist die Tochter des äthiopischen Herrschers – ist ihm allerdings unbekannt. Nunja, es stehen sowieso viele WENN’s im Raum. Denn erst wenn die Priester, sprich die Götter, ihn zum Feldherren ausrufen, erst wenn er siegreich zurückkehrt und wenn sonst nichts unerwartetes passiert, dann könne er auf ein gemeinsames Glück mit Aida hoffen. Aber wie es in der Oper nun mal so ist: Ein Wenn zählt nicht viel. Zwar benennen ihn die Priester im Namen der Götter tatsächlich zum Feldherren, allerdings steht Amneris noch zwischen den beiden Liebenden... Denn auch sie hat ein verschärftes Auge auf den stattlichen Radames geworfen.
Ein Bote berichtet vom Vorstoß der Äthiopier unter der Führung des Königs Amonasro – also Aidas Vater. Der ägyptische König und Oberpriester Ramfis rufen zu den Waffen und schüren die Kriegslust am ägyptischen Hof – Amneris wünscht sich vor allem, Radames möge siegreich und wohlerhalten zurückkehren. In der allgemeinen Blutgier und Euphorie stimmt auch Aida in den Schlachtruf ein: „Ritorna Vincitor!“ Kehre als Sieger zurück. Wenige Augenblicke später wird ihr die Tragweite der Geschehenisse bewusst, es ist der große Konflikt der liebenden Sklavin: Für wen soll ihr Herz schlagen. Radames, der den sie liebt, oder Ihr Vater, ihre Brüder, ihr Heimatland. Wer soll bluten, wer gewinnen? In einer herzzerreißenden Arie droht sie an Ihrem Schicksal zu zerbrechen.
2. Bild – Im Inneren des Vulkantempels
In einer gespenstisch anmutenden, feierlichen Zeremonie flehen Priesterin und Chor zu Ptah („Possente Ftah“), die ausziehenden Krieger Ägyptens zu segnen. Kleine Anmerkung: Ptah war im memphitischen Götterreigen eine der wichtigsten Figuren, der den Menschen aus einem Stück Ton geschaffen hat. In ‚Aida’ werden ihm die Waffen der Soldaten geweiht und ihm zu Ehren ein fulminantes Ballett aufgeführt, das vor exotischen Klängen nur so strotzt.
Die blutrünstige Priesterschaft bekräftigt noch einmal, wie wichtig es ist, die Feinde zu vernichten, dann ziehen Radames und das Heer aus.
Zweiter Akt
1. Bild – Amneris Gemächer
Die ägyptische Thronprinzessin lässt sich von ihren Sklavinnen für die bevorstehende Siegesfeier aufhübschen. Sie schmeichelt sich bei Aida ein, um ihr Geheimnis zu erfahren – denn schon lange misstraut sie der Dienerin: In Amneris Herzen ist der Verdacht gereift, Aida und Radames würden sich lieben. Und tatsächlich, Aida gesteht in einem schwachen Moment ihre Gefühle, Amneris ist außer sich. Eine Sklavin als Konkurrentin! Um ihre Überlegenheit u demonstrieren, befiehlt sie Aida, zur Siegesfeier mitzukommen.
2. Bild – Vor den Toren Thebens
Ägypter und Priester versammeln sich, um das heimkommende Heer zu begrüßen. Im Bugwasser der Triumphierenden Armee befinden sich die Kriegsgefangenen, darunter auch Aidas Vater, der König Amonasro. Als Aida ihn entdeckt, flüstert er ihr zu, seine wahre Identität nicht zu verraten. Er gibt vor, der äthiopische König sei gefallen und bittet den ägyptischen König um Gnade.
Wieder ist es die brutale Priester-Kaste unter Oberpriester Ramfis, die daran erinnert, dass es der Wille der Götter sei, die Gefangenen hinzurichten. Der Pharao möchte aber wie erwartet dem siegreichen Radames einen freien Wunsch gewähren. Und dieser bittet seinen Herrscher ausgerechnet darum, die Gefangenen frei zu lassen.
Was tun, hinrichten oder frei lassen?
Der König entscheidet sich halbwegs salomonisch: Alle anderen Gefangenen werden freigelassen, Aida und ihr Vater – der Sprecher der Gefangenen – bleiben aber als Pfand der Sicherheit in Memphis. Desweiteren belohnt er im Freudenrausch auch gleich Radames mit der Hand seiner Tochter, Amneris.
Kurze Zäsur:
Aida? Nach wie vor in Gefangenschaft, am Boden zerstört, aller Träume beraubt.
Amneris? Reich, schön, verlobt mit dem Mann den sie liebt, überglücklich und vielleicht gerade deswegen umso unsympathischer. Bis zum zweiten akt dürfte es niemanden im Opernpublikum geben, der Amneris Sympathie entgegen bringt.
Es ist übrigens charakteristisch für Verdis „Aida“, dass sich im Grunde niemand um die Gefühle des Radames schert. Er ist nur eine emotionale Fußnote des Werkes. Natürlich, alles dreht sich um ihn, aber wirkliche Tiefe erzeugt seine Rolle nicht. Er scheint ohnmächtig, nahezu unbeteiligt und lässt nur wenig über sein recht schlichtes, kindliches Gemüt erfahren. Er möchte halt so gern die Aida lieben – mehr emotionales Feuer entwickelt die Figur Radames zu keinem Zeitpunkt.
Dritter Akt
Es ist der Abend vor der großen Hochzeit: Amneris wird vom Oberpriester Ramfis in den Tempel der Isis gebracht. War es im ersten Akt der ur-männliche Ptah, der besungen wurde, wendet sich die Handlung nun der zarten Isis zu, damals in Ägypten die Göttin der Liebe. Formal bedeutet das: Der kriegerische Moment ist vorbei, nun wird die Oper lieblich. Jedenfalls soll Amneris hier im Tempel beten und sich innerlich vorbereiten.
Ein paar Tempelecken weiter wartet Aida in aller Heimlichkeit auf ein romantisches Stelldichein mit Radames. Stattdessen betritt aber Aidas Vater Amonasro die Szene. Er (und scheinbar so ziemlich jeder andere in Memphis) weiß von ihrer Liebe zu dem Feldherren. Also bedrängt er seine Tochter, sie möge dem Radames die weiteren Kriegspläne Ägyptens entlocken. Welchen weg werden die Ägypter nehmen, wenn sie das nächste Mal Äthiopien angreifen?! Aida weigert sich, so einen Verrat an ihrem Liebsten zu begehen, der Vater versucht sie mit ihrer Heimatliebe zu locken, schließlich droht er, sie als Tochter zu verstoßen. Da naht Radames. Amonasro versteckt sich und belauscht die beiden.
Aida fleht ihren Feldherren an, sie mögen doch gemeinsam fliehen. In seiner Naivität glaubt dieser aber, er könne ganz einfach den Pharao nach der nächsten siegreichen Schlacht fragen, ob er nicht die Aida heiraten dürfe. Süß! Dumm aber süß.
Und Aida bohrt tiefer: Apropos nächste Schlacht: Wo ist denn der nächste Überfall auf Äthiopien geplant? Radames verrät es, schlicht wie er ist, Amonasro stürzt triumphierend aus seinem Versteck und gibt seine wahre Identität zu erkennen. Radames wird klar, wer Aida in Wirklichkeit ist (also, dass sie äthiopische Prinzessin ist, nicht dass sie eine Verräterin ist, das würde so nicht stimmen), und er muss erkennen, dass er soeben unabsichtlich Landesverrat begangen hat.
Dann geht alles sehr schnell: Amneris rauscht herein, mit Priestern und Soldaten im Schlepptau und begreift, was hier vorgeht. Amonasro will Amneris erdolchen, Radames wirft sich schützend in das Getümmel, Aida und ihr Vater können in letzter Sekunde aus dem Tempel fliehen, Radames wird überwältigt und verhaftet.
Vierter Akt
1.Bild – Im Palast
Nach den Tempeln des Ptah und der Iris befinden wir uns nun ganz profan vor den Türen einer weltlichen Gerichtbarkeit. Amneris rast vor Wut ... und vor Verzweiflung. Hinter ihr die Türen zum Gericht des memphischen Palastes, weiß sie, dass Radames hier und heute zum Tode verurteilt werden wird. Hier hillft kein göttlicher Beistand mehr. Sie lässt Radames zu sich bringen, und beschwört ihn in aufrichtiger Liebe, er möge sich vor Gericht verteidigen, um sein Leben zu retten. Aber Radames sieht keinen Sinn mehr in einem Leben ohne Aida. Er glaubt, sie sei auf der Flucht getötet worden. Mit sich ringend, verrät Amneris: Nein, Aida lebt. Amonasro ist gefallen, aber die Prinzessin ist am Leben. Und wenn er, Radames, sich verteidige, könne alles gut werden. Amneris verspricht ihm sein Leben, ihre Liebe und den gemeinsamen Thron. Er müsse nur auf Aida verzichten... Aber Radames ist entschlossen. Er will nur noch sterben.
Und so nimmt das Verfahren seinen Lauf: Ramfis und die Priester verlesen die Anklage, als Antwort zu jedem Punkt schweigt Radames seine Richter offensiv an. Er wird dazu verurteilt, lebendig begraben zu werden.
2.Bild – Eine Krypta unter dem Altar des Vulkantempels
Nach Krieg, Triumphmarsch, Tanz, Küssen und Verrat am glanzvollen Königshof von Memphis finden wir uns als Zuschauer in einer Krypta wieder. Ein steinerner unterirdischer Ort ohne Licht und Luft. Die glorreichen Zeiten sind vorüber, zu den traurigen ersten Klängen der Szene wird die dunkle Gruft mit einem riesigen Stein verschlossen. Es sind die letzten Atemzüge des Radames in diesem übergroßen Sarkophag, die nun anbrechen... es ist eine der stillsten, traurigsten Momente in allen Verdi Opern überhaupt.
Ein Stein verschließt den Zugang zur Krypta, Radames bleibt alleine in seinem Grab zurück und hofft, dass wenigstens Aida es sicher zurück nach Äthiopien geschafft hat. Da löst sich ein schatten aus der Dunkelheit und tritt vor den ehemaligen Feldherren. Ein Gespenst? Ein xxx, nein – es ist... Aida! Sie ahnte das Urteild er Priester und schlich sich schon vorher in die Krypta, um sich gemeinsam mit der Liebe ihres Lebens einmauern zu lassen. Es ist zum Heulen schön.
Arm in Arm nehmen die beiden Abschied von dieser Welt.
Während langsam die Luft in der Krypta ausgeht, hören wir, durch dicke Steinmauern gedämpft, den Totengesang der Priester, die einen schaurig-schönen Klangteppich über die letzten Sekunden des Liebespaares decken. Die tieftraurige Stimme Amneris mischt sich in den Chor. Im allerletzten Moment, so scheint es, bereut Amneris ihre Taten und möchte als gebrochene Frau „ihrem“ Radames wenigstens den letzten Liebesdienst leisten – sie betet zu Isis, dass die Göttin seine Seele mit Gnaden aufnehmen möge...
Aida und Radames hauchen mit einem letzten Kuss ihr Leben aus.
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Tipps der „OPERA BAVARIAE“-Redaktion:
DIE MÜNCHNER INSZENIERUNG
Die beste Einspielung:
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Montserrat Caballe, Placido Domingo,
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Chorus of the Royal Opera House Covent Garden,
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